Plädoyer des Dachverbands Stuttgarter Eltern-Kind-Gruppen e.V. für einen an Bedürfnissen von Kindern und Familien orientierten Diskurs in der Corona-Pandemie

In Baden-Württemberg sind seit dem 17.03.2020 Kindertageseinrichtungen und Grundschulen aufgrund präventiver Maßnahmen zur Eindämmung von CoViD-19 geschlossen. Unserer Einschätzung nach wird seitdem von Kindertageseinrichtungen fast ausschließlich im Zusammenhang mit Notbetreuung berichtet – die Kita als Bildungs- und Lebensort der Kinder und Familien wird kaum thematisiert.
Hiermit wollen wir die Perspektive der Kinder und Familien in den Mittelpunkt rücken und appellieren, die kindheitspädagogische Sicht, die Entwicklung der Kinder und ihre Interessen nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Sicherstellung des Kinderschutzes (Art. 6 Abs. 2 GG) und der Kinderrechte – vor allem das Recht auf Spiel und Bildung – ist mit den derzeitigen Maßnahmen massiv eingeschränkt.
Wir setzen uns dafür ein, dass folgende Aspekte berücksichtigt werden:

KINDERTAGESEINRICHTUNGEN SIND BILDUNGSEINRICHTUNGEN UND WICHTIGE LEBENSORTE DER KINDER

  • Kinderrechte und Bedürfnisse von Kindern müssen wieder in den Mittelpunkt rücken.
  • Spielen und Lernen gehen Hand in Hand mit der Entwicklung von Kindern. Kinder brauchen daher Orte, in denen sie ihren Interessen nachgehen können.
  • Kinder brauchen andere Kinder. Sie lernen in Interaktionen mit Gleichaltrigen und wollen dazugehören. Beziehungen unter Kindern sind für die Entwicklung unerlässlich.
  • Kinder lernen mit allen Sinnen. Virtuelle Angebote können haptische, emotionale und soziale Erfahrungen nicht ersetzen.
  • Kinder brauchen kompetente Pädagog*innen, die sie in ihren Lern- und Entwicklungsprozessen begleiten, diese bewusst mitgestalten und sie in ihrem Erleben unterstützen.

EINE PERSPEKTIVE FÜR FAMILIEN UND VIELFALT IST NOTWENDIG

  • Familien brauchen besonders in diesen Zeiten Begleitung, Sicherheit und Unterstützung. Kitas sind vertraute Orte der Entlastung.
  • Begründungen und Entscheidungen sollen transparent und niederschwellig zugänglich gemacht werden. Dafür brauchen wir eine verständliche, an der kulturellen Vielfalt orientierte Krisenkommunikation, die auch umsetzbar sind.
  • Auch in Zeiten von mobilem Arbeiten haben Kindertageseinrichtungen eine fundamentale Rolle bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Arbeiten im Home-Office ist mit gleichzeitiger Kinderbetreuung nicht zu vereinbaren.
  • Frauen sind aufgrund von Teilzeitbeschäftigung und eingespielten Strukturen oft einer doppelten Belastung ausgesetzt und werden momentan zusätzlich benachteiligt.
  • Die Kita ist ein Ort des sozialen Lernens und der Begegnung von Vielfalt. Das Zusammenspiel von Ressourcen und Bildungs- und Lernanlässen sind für die Chancengerechtigkeit unerlässlich.

AUCH PÄDAGOG*INNEN UND TRÄGER DER KITAS BRAUCHEN EINE PERSPEKTIVE 

  • Pädagog*innen sind Schlüsselpersonen für die Entwicklung der Kinder. Die Zusammenarbeit muss auch in Zeiten von Corona bedacht werden.
  • Die Träger der Kitas und Pädagog*innen brauchen Sicherheit und Zukunftsperspektiven.
  • Gemeinsam können Konzepte zur schrittweisen Öffnung unter ausdifferenzierten Bedingungen erarbeitet werden, die die Perspektive aller Kinder und ihre Bedürfnisse berücksichtigt.

Wir setzen uns für die Belange der Kinder und Familien ein, die bei den weiteren Überlegungen zur zeitnahen schrittweisen Öffnung unbedingt mitbedacht werden müssen. Vor allem Kinder in besonderen Lebenslagen müssen dabei beachtet werden. Dafür müssen auch flexible Ausnahmeregelungen und Unterstützungsangebote entwickelt werden. Es geht darum zu lernen verantwortungsbewusst mit dem Virus zu leben, den Alltag gemeinsam zu gestalten und dabei die Gesundheit, den Schutz und die Rechte der Kinder nicht zu vergessen.

Elke Fantini
Sandra Hörner
Carolina Safe de Schrem

DACHVERBAND
Stuttgarter Eltern-Kind-Gruppen e.V.
Lazarettstr. 14 70182 Stuttgart

Stuttgart, April 2020

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